Führung durch Kommunikation – worauf es ankommt im Coaching
Fragen an Marianne Trottier
Mit ihrem Studienabschluß mit den Schwerpunkten Kommunikation und Marketing hat Marianne Trottier ihre Karriere in der Event-Industrie begonnen und dort als Quereinsteigerin schnell Führungsverantwortung übernommen. Höchste Anforderungen an Marktflexibilität, Service- und Kundenorientierung sowie ziel- und umsetzungsfokussiertes Handeln haben sie in ihrer mehr als 15jährigen Tätigkeit als Managerin geprägt. Mit dieser Erfahrung hat sie sich seit 2003 ein neues Berufsfeld als Executive Coach, Führungskäfte-Trainerin und Organisationsberaterin erschlossen. Marianne Trottier erläutert im Interview, was Executive Coaching gerade in wirtschaftlich turbulenten Zeiten zum Unternehmenserfolg beitragen kann. Sie gehört zum Gründungsteam von Praesta Deutschland.
Was macht aus Ihrer Erfahrung die besondere Stärke einer Führungskraft gerade in der heutigen Situation aus?
M.T.: Kurz gesagt: Zielklarheit und adäquate Kommunikation. Diese beiden Elemente machen effektive Führung aus und sie sind aktuell noch erfolgsentscheidender. Durch intensive Jahre im sehr umsetzungsbezogenen Dienstleistungs-Marketing bin ich selbst stark geprägt von einem zielorientierten Handeln, das einher geht mit einer konsequenten Service- und Dienstleistungshaltung. Diese Haltung gilt es, in die Führungsrolle zu integrieren. Die Führungskraft kann durch die Art und Weise, wie sie kommuniziert, ihrem Umfeld Orientierung und Verbindlichkeit vermitteln. Damit schafft sie einen Raum, in dem MitarbeiterInnen Verantwortung annehmen und in dem Menschen wachsen können. Das bedeutet für mich „partnerschaftliche Grundhaltung“, sich auf Augenhöhe zu begegnen, oder auch: kommunikativ zu leben – sowohl gegenüber Kunden und Geschäftspartnern, wie gegenüber Mitarbeitern und Kollegen. Nur so entstehen vertrauens- und respektvolle Beziehungen, nur so entstehen Mit-Verantwortlichkeit, „alignment“, Ausrichtung auf ein geteiltes Ziel, und Erfolg.
Also, Stichwort Alignment — Coaching als das Mittel, um letztlich die Mitarbeiter auf die Spur zu bringen?
MT: Ich bin überzeugt, dass Coaching, so eingesetzt, einfach nicht funktionieren würde. Es geht in unserem Coaching-Verständnis nicht um Anpassung, sondern darum, „Stärken zu stärken“, d.h., dass die Führungskraft sich ihrer Stärken bewusst wird und sie mit den Zielen der Organisation verknüpft. Im Unterschied zu weit verbreiteten problem- und defizitorientierten Coaching - Konzepten führt unser lösungs- und ressourcenorientierter Ansatz dazu, dass sich Führungskräfte und Mitarbeiter gefordert und gefördert fühlen. Aus meiner Erfahrung als Mitglied eines Management-Teams erwächst für mich die Motivation, mit Führungskräften zu arbeiten, um sie durch Coaching zu befähigen, ihre Rolle und ihren Beitrag auszubauen und in gleichem Maße auch ihre Verantwortlichkeit (accountability) zu erweitern. Inwieweit das gelingt, hängt auch von der Organisation, die das Coaching ermöglicht, und von der Person ab, die sich auf eine Reflexion ihrer z.T. widersprüchlichen Rollenaspekte einlassen muss, damit Lernprozesse in Gang kommen. Die Fähigkeit, „Alignment“ zu erzeugen, hat zwingend etwas mit Stärkenausbau, eigenständigem Handeln und Authentizität zu tun. Dazu kann Executive- Coaching einen wesentlichen Beitrag leisten.
Viele Menschen, die mit Coaching keine Vorerfahrung haben, hegen die Befürchtung: „Da wird etwas mit mir gemacht…, ich werde fremdgesteuert.“ Was erwidern Sie?
MT: Eine Grundvoraussetzung für jede vertrauensvolle Zusammenarbeit im Executive-Coaching ist, dass die Spielregeln klar sind. Ich agiere als Coach weder als fachliche Expertin, die die Lösungen liefert, noch führe ich den Coachee auf Themen, zu denen der konkrete Bezug fehlt. Wir bewegen uns auf gleicher Augenhöhe, partnerschaftlich und wertschätzend. Und wir bewegen uns im organisationalen Kontext. Der Coach fungiert als eine Art Resonanzboden, ein Reflektor, ein kritischer Frager. Gerade dann, wenn wir uns selbst und unsere Mitarbeiter durch „schwierige Zeiten“ führen, braucht es Eindeutigkeit und Verbindlichkeit auf der Verhaltensebene. Denken Sie an Restrukturierungsprojekte und komplexe Organisationsentwicklungsprozesse. Da steht und fällt der Erfolg mit der kommunikativen und sozialen Kompetenz der Top-Führungskräfte gegenüber den Stakeholdern. Ich fokussiere deshalb stark auf die Kommunikationsebene: welches sind meine Botschaften? Wie formuliere ich sie? Einladend, fördernd und fordernd? Oder mehr indem ich durch negative Szenarien Druck ausübe? Die Wirkung der eigenen Botschaft, was sie auslöst ist vielfach nicht wirklich bewusst. Daran zu arbeiten ist für mich häufig ein zentraler Zugang.
Wenn Sie sagen, Sie fokussieren auf die Kommunikationsebene — wo bleibt da das Fachliche?
M.T.: Wenn Sie mit „fachlich“ die grundlegenden Managementprozesse meinen, so sind sie immer im Blick! Im Coaching sind es typischerweise gerade die sog. „weichen“ Faktoren wie emotionale, soziale und moralische Kompetenzen, die Thema werden, weil sie benötigt werden, um die Managerkompetenz rund und vollständig zu machen. Die fachliche Kompetenz der Führungskräfte ist in der Regel exzellent. Blinde Flecken liegen hingegen häufig im individuellen, situativen Führen, im Spannungsfeld zwischen fachlichen, organisationsbezogenen, und zwischenmenschlichen Themen. Unser eigener Führungs- und Management-Hintergrund hilft uns, in der Rolle als Coach schnell eine solide Arbeitsbeziehung mit den Coachees zu etablieren. Wir müssen die Spielregeln der Organisation, in der sich der Coachee bewegt, kennen und verstehen und nicht selten Themen konfrontieren, die jenseits seiner oder ihrer Fachexpertise liegen.
Gibt es einen Erfolgspunkt, an dem Ihre Coachees sagen: „Ja, Ziel klar erreicht, ich kann meine Aufgaben besser erfüllen als zuvor“?
MT: Der Coach ist „Lernbegleiter“ und alles, was im Führungsalltag passiert, ist potentielles Lernfeld und Gesprächsthema. Das Beobachten der kleinen und großen Erfolge im Tagesgeschäft, das Herausarbeiten der Erfolgsmuster in konkreten, für die Coaching-Themen relevanten Situationen und ihre Verankerung zieht sich durch wie ein roter Faden. Insofern gibt es zu jeder Zeit eine Orientierung über Fortschritte und Veränderungen. Der Coachee verbucht das in der Regel für sich selbst, wenn er ein Thema für rund und abgeschlossen hält. Da jeder Coaching-Prozess zeitlich begrenzt und auf konkrete Ziele fokussiert ist, kann man ein stimmiges Ende eines Coachings im Sinne von „Ziel erreicht“ gut identifizieren. Dies geschieht ja auch immer in Rückkopplung mit dem Sponsor, also dem Vorgesetzten oder dem HR-Manager. Natürlich muss zu Beginn des Coachings eine Coaching-Agenda festgelegt werden, damit die Zielerreichung gemessen werden kann und Coach und Coachee sich gemeinsam im Prozess orientieren können.
Dann wissen Sie schon vorher, wohin die Reise geht…?
MT: Coaching ist ein dynamischer Prozess, ein Dialog, der sich an den formulierten Coaching-Themen orientiert, aber offen ist für das, was unterwegs geschieht. Als Coach merken wir schnell, wohin es den Coachee zieht und auch, wo er oder sie vielleicht nicht so gerne hingucken will. Genau da liegen aber manchmal die größten „Schätze“ im Sinne von Ressourcen, nur eben verdeckt. Es geht dann oft darum, diese selektive (Selbst-) Wahrnehmung transparent zu machen und die Handlungsoptionen durch Perspektivenwechsel und das Erproben von Neuem zu erweitern. Besonders letzteres geschieht in der Regel außerhalb der Coaching-Sitzungen durch „experimentieren“. Es folgt schnell die Einsicht: „Ja, mit dem veränderten Verhalten erreiche ich mehr, kann ich erfolgreicher sein.“
Wenn ich als Führungskraft einen Coach suche, warum sollte ich dann zu Praesta gehen?
Genau deswegen: weil wir das Zusammenspiel von Menschen und Prozessen im Unternehmen verstehen und einschätzen können, aus eigener Praxis. Meine Kollegen und ich haben über Jahrzehnte Führungs- und Feldkompetenz in der Wirtschaft erworben. Wir haben das gelebt. Zusätzlich eröffnet uns Praesta International eine sehr effektive Vernetzung, in der wir fachlich wie interkulturell voneinander lernen und auf dem neuesten Stand sind, wie Firmen und Märkte sich entwickeln. Wir treffen uns regelmäßig auf den internationalen Praesta-Konferenzen und als Praesta Deutschland monatlich auch zur fachlichen Weiterbildung und Supervision. In einzelnen Ländern, in denen wir vertreten sind, finden regelmäßige Events zu Fachthemen statt. Ehrlich gesagt: Das kenne ich aus keiner anderen Organisation. Andere Coachingfirmen haben weder diese Verankerung in der Wirtschaft noch verfügen sie über diese internationale Vernetzung.
Wo sehen Sie für sich die größten Herausforderungen in der Zukunft?
MT: Executive Coaching besser in das typische Maßnahmenbündel der strategischen Personalentwicklung von Unternehmen zu integrieren, das ist sicher eine zentrale Herausforderung, besonders im deutschsprachigen Raum. Wir arbeiten bei Praesta Deutschland intensiv daran, hierfür eine erweiterte Wahrnehmung bei den Entscheidern in HR-Verantwortung und an der Führungsspitze herzustellen. Noch finden wir eine vorwiegend problem-geleitete Sicht auf das Thema Coaching vor, der zufolge der Coach als „troubleshooter“ fungiert. Unser Ansatz ist dagegen lösungs-, zukunfts- und ressourcenorientiert und die neueren Trends unter dem Titel „Talententwicklung“ reflektieren dies auch sehr deutlich. Die Herausforderung für uns alle, Coaches wie Top-Führungskräfte, wird zukünftig mehr den je sein, den hochdynamischen Veränderungsprozessen mit maximaler Flexibilität und Aufgeschlossenheit zu begegnen und das große Bild im Blick zu haben. Mir persönlich war es deswegen so wichtig, die Perspektive der Organisationsentwicklung in mein Coach-Portfolio mit hinein zu nehmen, um Führungskräfte in dieser enormen Verantwortung noch besser unterstützen zu können und Coaching-Themen im Kontext von Wechselwirkungen auszuleuchten.
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Newsletter, 03.2009
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